Betreff
Antrag der Gemeinde Fuchstal auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach § 4 BImSchG zur Errichtung und zum Betrieb von 4 Windenergieanlagen auf dem Flurstück 3056 der Gemarkung Kingholz - Stellungnahme der Gemeinde Denklingen
Vorlage
01/2015/0323
Aktenzeichen
8615-J12-E2E5
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Die Gemeinde Fuchstal plant im Sachsenrieder Forst (Gemarkung Kingholz) die Errichtung von vier Windkraftanlagen. Die vier Windenergieanlagen vom Typ Enercon E-115/3.000 kW mit einer jeweiligen Nennleistung von 3.000 kW haben eine Nabenhöhe von 149 m und einen Rotordurchmesser von 115,7 m. Die Windenergieanlagen sollen auf dem Grundstück Fl.Nr. 3056, Gemarkung Kingholz im Gemeindegebiet Fuchstal errichtet werden. Sie liegen damit im Nordwesten des Waldes auf dem westlichen Höhenrücken des Ascher Tals.

 

Die Gemeinde Fuchstal hat einen sachlichen Teil-Flächennutzungsplan zur Steuerung der Windkraft auf dem Gebiet der Gemeinden Fuchstal, Reichling und Vilgertshofen erlassen, der mit Bescheid des Landratsamtes Landsberg am Lech vom 29.10.2014 genehmigt wurde und seit dem 30.10.2014 wirksam ist. Die vier geplanten Anlagen liegen innerhalb der Konzentrationsfläche für Windkraftanlagen. Der geplante Standort liegt innerhalb forstwirtschaftlich genutzter Waldflächen, die sich im Eigentum der Bayerischen Staatsforsten AöR befinden. Die Anlagen sollen nach den Vorstellungen der Gemeinde Fuchstal im zweiten Quartal 2016 in Betrieb genommen werden.

 

Am 14.01.2015 beschloss der Gemeinderat von Denklingen mehrheitlich, als Unternehmer und Investor für Windkraft-Bürgeranlagen auszusteigen und befürwortete den Aufhebungsvertrag der von Denklingen und Fuchstal gemeinsam gegründeten GbR mehrheitlich. Im Rahmen der Aufstellung des sachlichen Teil-Flächennutzungsplans nach § 5 Abs. 2b BauGB zur Steuerung der Windkraft auf dem Gebiet der Gemeinden Fuchstal, Reichling und Vilgertshofen hat die Gemeinde Denklingen deutlich gemacht, dass sie grundsätzlich die regenerative Energiegewinnung und die Ziele der Energiewende unterstützt. Jedoch lehnt die Gemeinde die Errichtung von weiteren Windkraftanlagen in der heutigen Situation in der Region Fuchstal, Reichling und Vilgertshofen ab. Im Hinblick auf die erheblichen Vergütungskürzungen des neuen EEG für Windenergieanlagen ist die Wirtschaftlichkeit neuer Anlagen in Gebieten mit einer im deutschlandweiten Vergleich nicht sehr guten Windhöffigkeit nicht mehr sichergestellt. Hinzu kommt, dass es derzeit an den gesetzlichen Rahmenbedingungen fehlt

 

-       für die dauerhafte Bereitstellung von ausreichender gesicherter Leistung,

 

-       für einen vernünftigen Gleichklang von Netzausbau und Erneuerbaren-Ausbau und

 

-       für die Bereitstellung von ausreichend Flexibilität im Stromsystem, z.B. durch Speicher, um die zunehmend volatile Erzeugung auszugleichen.

 

Die Gemeinde Denklingen hat bereits im Auslegungsverfahren des sachlichen Teil-Flächennutzungsplans die Auffassung vertreten, dass ein weiterer Zubau von Windenergieanlagen zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Sinn macht und abgelehnt wird. Vor diesem Hintergrund werden auch die mit der Errichtung neuer Windkraftanlagen verbundenen erheblichen Eingriffe in die Natur und das Landschaftsbild als unverhältnismäßig abgelehnt.

 

Mit deutlicher Mehrheit haben sich zudem die Bürger von Denklingen in dem Bürgerentscheid vom 04.05.2014 gegen einen gemeinsamen Windpark mit der Nachbargemeinde Fuchstal ausgesprochen. Über 81% der abgegebenen Stimmen haben dabei die folgende Fragestellung bejaht:

 

„Sind Sie dafür, dass keine weiteren Beschlüsse und Pläne bzgl. der Projektplanung „Windpark der Gemeinde Denklingen“ gefasst werden und kein weiteres Geld der Gemeinde und somit der Bürger dafür ausgegeben wird, sowie keine weiteren vertraglichen Bindungen eingegangen werden bis

·         die Windmessung abgeschlossen ist,

·         die Ergebnisse des Raumordnungsverfahrens vorliegen,

·         die Abstandsregelung der Windkraftanlagen zur nächsten Wohnbebauung geregelt ist,

die zukünftige EEG-Umlage durch die Regierung festgelegt worden ist.“

 

Zwischenzeitlich hat auch der Bayerische Gesetzgeber mit der Neuregelung des Art. 82 Abs. 1 - 5 und Art. 83 Abs. 1 der Bayerischen Bauordnung (BayBO), die am 21.11.2014 in Kraft getreten ist, die sogenannten „10-H-Abstandsregelung“ eingeführt. Nach 10 H wären demnach bei über 200 m Höhe der Anlagen Abstände über 2 km Entfernung zur nächsten Wohnbebauung erforderlich.

 

 

2. Bedenken gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach § 4 BImSchG zur Errichtung und zum Betrieb der vier Windenergieanlagen

 

Die Gemeinde Denklingen wendet sich hier gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach § 4 BImSchG, da dem Vorhaben öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB entgegenstehen.

 

Hierzu im Einzelnen:

 

2.1 Landschaftsbild und Erholung

 

Im landschaftspflegerischen Begleitplan zum Genehmigungsantrag von Lars Consult wird unter Ziffer 4.2 (Seite 10) darauf hingewiesen, dass der Gesamtraum um die geplanten vier Windenergieanlagen nicht durch die Windenergienutzung geprägt ist. Die Windenergieanlagen werden untertags und nachts weithin sichtbar sein. Ein zentrales Problem besteht v.a. in der Hinderniskennzeichnung der Anlagen durch Farbmarkierungen an Turm, Maschinenhaus und Rotorblättern sowie insbesondere durch die nächtliche Gefahrenbefeuerung. Unzutreffend wird indessen im landschaftspflegerischen Begleitplan auf Seite 11 der Schluss gezogen, „lediglich vier Windenergieanlagen“ würden keine erhebliche Unruhe im Landschaftsbild verursachen. Richtig ist, dass die Anlagen weithin sichtbar sind und die Hinderniskennzeichnung die natürliche Eigenart der Landschaft erheblich beeinträchtigt.

 

Ausweislich der vorliegenden Antragsunterlagen liegen die geplanten Standorte der WEA 1 bis WEA 4 auf einer Höhe von ca. 754 müNN bis ca. 763 müNN südwestlich von Denklingen. Die geplanten Windkraftanlagen werden weithin sichtbar sein, da sie die mittlere Baumhöhe von 30 - 40 m für Fichten um ein vielfaches überragen werden (Gesamthöhe 206,86 m bei einer Nabenhöhe von 149 m und einem Rotordurchmesser von 115,7 m). Sie werden untertags durch ihre Höhe und nachts durch die nächtliche Beleuchtung künftig das Landschaftsbild massiv verändern. Der betroffene Waldbereich auf dem Riedelrücken wird in seinem Erscheinungsbild verändert.

 

2.2 Belange des Naturschutzes

 

Den geplanten vier Windkraftanlagen können die Belange des Naturschutzes i.S.v. § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB entgegengehalten werden. Diese Belange beziehen insbesondere sonstige „naturschutzbezogene“ fachgesetzliche Anforderungen wie den Artenschutz und Biotopschutz nach §§ 37 ff. BNatSchG mit ein (BVerwG, Urteil vom 27.06.2013 - 4 C 1.12, ZfBR 2013, 685). Deshalb sind auch die Vorschriften über den Habitat- und Vogelschutz und das Artenschutzrecht als mögliche Genehmigungshindernisse zu prüfen.

 

Im landschaftspflegerischen Begleitplan zum Genehmigungsantrag wird unter Ziffer 4.1 (Seite 7 ff.) hervorgehoben, dass aus naturschutzfachlicher und artenschutzrechtlicher Sicht unter den nachgewiesenen bzw. potentiell vorkommenden Arten Fledermäuse, die Haselmaus, diverse kollisionsgefährdete Vogelarten und Brutvögel sowie Amphibien als planungsrelevant anzusehen sind. Dabei wird auf die Untersuchung von Lars Consult zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung vom 18.12.2014 Bezug genommen.

 

Die Bewertung auf Seite 9 ff. des landschaftspflegerischen Begleitplans zum Antrag auf BImSchG-Genehmigung ist indessen völlig unzureichend. So wird unter Ziffer 4.1 auf Seite 10 im 2. Absatz lapidar ausgeführt:

 

„Mit 46 festgestellten Brutvogelarten kommt im Sachsenrieder Forst eine relativ artenreiche Avizönose vor. Besonders zu beachten sind hier Höhlenbrüter wie Schwarzspecht, Sperlingskauz oder Raufußkauz. Innerhalb der Rodungsbereiche bzw. im 100 m-Umgriff der geplanten Anlagenstandorte sind jedoch weder Nachweise saP-relevanter Arten noch geeignete Habitatstrukturen, insbesondere Großhöhlen, vorhanden. Daher ist von keiner wesentlichen Beeinträchtigung auszugehen.

 

Die hier gezogene Schlussfolgerung ist nicht nachvollziehbar. Demgegenüber wird auf Seite 16 unter Ziffer 6. des landschaftspflegerischen Begleitplans insoweit relativierend ausgeführt:

 

„Bau- wie auch betriebsbedingt kann es zu optischen und akustischen Störungen für Tierarten kommen. Zusätzlich können baubedingt Staub und Abgase Beeinträchtigungen hervorrufen. Für Fledermäuse kann eine wesentliche Erhöhung des Tötungs- und Verletzungsrisikos durch Kollision betriebsbedingt nicht ausgeschlossen werden. Für kollisionsgefährdete Vogelarten zeigte die Raumnutzungsanalyse (Lars Consult 2015) kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko. Jedoch könnten die dauerhaft waldfreien Kranstellflächen von Greifvögeln zur Nahrungssuche genutzt werden und es damit anlagenbedingt zu einem erhöhten Tötungsrisiko durch Kollision mit den Windenergieanlagen kommen.“

 

 

Die unter Ziffer 7.2 des landschaftspflegerischen Begleitplans (vgl. CEF-Maßnahmen, Seite 20 ff.) festgesetzten Vermeidungsmaßnahmen beruhen augenscheinlich auf einem Ermittlungsdefizit im Hinblick auf saP-relevante Arten innerhalb des Rodungsbereichs bzw. im 100 m-Umgriff der geplanten Anlagenstandorte.

Beschluss:

 

Die Gemeinde Denklingen widerspricht der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 BImSchG zur Errichtung und zum Betrieb von vier Windenergieanlagen vom Typ Enercon E 115/3.000 kW auf dem Grundstück Fl.Nr. 3056, Gemarkung Kingholz aufgrund der Tatsache, dass dem geplanten Vorhaben die Belange des Naturschutzes, insbesondere des Artenschutzes entgegengehalten werden können und das Landschaftsbild massiv beeinträchtigt wird.