Betreff
Bebauungsplan Hinterberg - Einleitung ergänzendes Verfahren
Vorlage
01/2020/1859
Aktenzeichen
6102-41237
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

1.            Die Gemeinde hat am 16.05.2019 die Aufstellung des qualifizierten Bebauungsplans „Hinterberg“ beschlossen. Der Bebauungsplan wurde in der Fassung vom 20.03.2020 am 22.04.2020 als Satzung beschlossen.

 

2.            Der am 14.05.2020 in Kraft getretenen Bebauungsplan wurde mit Schriftsatz vom 20.08.2020 mit einem Normenkontrollantrag angegriffen.

 

3.            Die Gemeinde hat die Rechtsanwaltssozietät Siebeck Hofmann Voßen aus München beauftragt, sie in dem Normenkontrollverfahren zu vertreten. Die Sozietät wurde gleichzeitig beauftragt die Wirksamkeit des Bebauungsplans rechtlich zu überprüfen. Die rechtliche Prüfung ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Bebauungsplan unter erheblichen Mängeln leidet.

 

4.            Insbesondere die Festsetzungen zum Maß an baulicher Nutzung widersprechen der aktuellen Rechtsprechung des BayVGH. Zum einen eine GRZ festzulegen und darüber hinaus zu bestimmen, dass Hauptgebäude eine maximale GR von 110 bzw. 130 m² haben, dürfte aller Voraussicht nach unzulässig sein. Zwar hat der BayVGH in seinem Urteil aus dem Jahr 2006 - VGH München, Urt. v. 13.04.2006, Az.: 1 N 04.3519 - offengelassen, ob eine auf einzelne Anlagen oder Anlagentypen (wie Hauptgebäude) bezogene Festsetzung als ergänzende Regelung zulässig ist. Er hat aber in seinem Urteil vom 21.10.2014, Az.: 1 N 11.1456, entschieden, dass bereits dem Wortlaut des § 16 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zu entnehmen sei, dass im Bebauungsplan entweder eine Grundflächenzahl oder die Größe der Grundfläche der baulichen Anlagen festgesetzt werden kann. Der Gesamtplanung ist zu entnehmen, dass nach dem Konzept der Gemeinde die Größe der baulichen Anlagen eine maßgebliche Säule der Gesamtplanung darstellt. Damit ist nicht davon auszugehen, dass die Gemeinde den Bebauungsplan ohne Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung beschlossen hätte.

 

Hieraus folgt, dass die Unwirksamkeit der Festsetzung zum Maß der baulichen Nutzung auf die Gesamtplanung „durchschlagen", so dass der Bebauungsplan insgesamt unwirksam sein dürfte. (vgl. hierzu BayVGH, Urt. v. 21.10.2014, Az.: 1 N 11.1456, juris, Rn. 17; BVerwG, Urt. v. 23.04.2009, Az.: 4 CN 5.07, juris, Rn. 29).

 

Es ist daher zu befürchten, dass der Bebauungsplan in seiner derzeitigen Fassung in dem laufenden Normenkontrollverfahren für unwirksam erklärt werden dürfte.

 

5.            Darüber hinaus besteht eine Reihe weiterer Punkte, die sich aus rechtlicher Sicht kritisch erweisen könnten. Hierbei handelt es sich u.a. um folgende Punkte:

So stellt der Bebauungsplan in seiner derzeitigen Fassung nicht sicher, dass tatsächlich pro Grundstück nur ein Einzelhaus errichtet werden kann.

 

Ferner wurden am 20.03.2020 gegenüber dem Bebauungsplan in der Fassung vom 10.12.2019 Ergänzungen vorgenommen, ohne dass eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung stattgefunden hat, obwohl die Ergänzungen voraussichtlich nicht lediglich redaktioneller Natur waren.

 

Problematisch ist auch, dass der im Planaufstellungsverfahren eingeholte geotechnischen Bericht die Aussage trifft, dass eine Versickerung von Niederschlagswasser im Plangebiet wegen der gemischtkörnigen Böden mit überwiegend hohem Feinkornanteil im Untergrund nur eingeschränkt möglich sei und empfahl weitere Prüfungen durchzuführen. Auf Grundlage dieser Feststellung führte das WWA Weilheim als Träger öffentlicher Belange in seiner Stellungnahme vom 21.02.2020 aus, dass aus seiner Sicht eine gesicherte Erschließung nur gegeben sei, wenn die Ableitung von gesammeltem Niederschlagswasser durch Einleitung über einen Notüberlauf in einen Regenwasserkanal gewährleistet werden könne. Es empfahl deswegen ausdrücklich einen Fachgutachter hinzuzuziehen und forderte die Darstellung, inwieweit die Ableitung des Niederschlagswassers über einen Regenwasserkanal hergestellt werden soll. Ein Fachgutachter wurde nicht eingeschaltet. Stattdessen sah der Bebauungsplan eine Festsetzung vor, wonach Niederschlagswasser grundsätzlich zu versickern ist, unter bestimmten Voraussetzungen aber auch in einen Regenwasserkanal eingeleitet werden könne. Dies, obwohl der Bau eines Regenwasserkanals im Baugebiet gar nicht vorgesehen ist.

 

Es finden sich in der Satzung und in der Begründung des Bebauungsplans ferner zahlreiche redaktionelle Unstimmigkeiten und Widersprüche.

 

6.            Die beauftragten Rechtsanwälte haben die Empfehlung ausgesprochen, die Mängel des Bebauungsplans während des laufenden Normenkontrollverfahrens zu heilen. Hierfür soll die Gemeinde ein ergänzendes Verfahren gem. § 214 Abs. 4 BauGB einleiten.

 

Beschluss:

 

 

1.            Ein ergänzendes Verfahren gem. § 214 Abs. 4 BauGB zur Heilung des Bebauungsplans „Hinterberg“ wird eingeleitet.

 

2.            Die Verwaltung wird beauftragt, im Zusammenhang mit der Entwässerungsproblematik einen Fachgutachter mit weiteren Untersuchungen und gegebenenfalls Planungen zur Entwässerung zu beauftragen.

 

3.            Die Verwaltung wird beauftragt, den derzeitigen Entwurf des Bebauungsplans zur Beseitigung der vorhandenen Mängel und Unzulänglichkeiten zu ändern, bzw. zu ergänzen.